Ein neuer Taucherfilm

Jetzt im Kino: „Last Breath“, eine englische Produktion vom vergangenen Jahr. Es geht um Berufstaucher in Bedrängnis. Der Film basiert auf einer „wahren Begebenheit“, einem Unglück von 2012. Die Regisseure Richard da Costa und Alex Parkinson haben die Geschichte vor ein paar Jahren unter dem Titel „Der letzte Atemzug – Gefangen am Meeresgrund“ schon einmal für den TV-Sender „Netflix“ als Dokumentation verfilmt. Jetzt folgt ein etwas aufwändigerer zweiter Aufguss, von Parkinson solo fürs Kino gedreht. Mit Hollywood-Darstellern aus der zweiten Liga In den Hauptrollen: Finn Cole, Simu Liu, Woody Harrelson u. A, die bisher in eher zweitklassigen Produktionen zu sehen waren.

Taucherfrust: Im Grundsatz folgt auch „Last Breath“ diesem Credo des Genres: heißt: Tauchen ist immer super gefährlich. Dabei kann einem die Luft weg bleiben, wenn man sich sportlich überschätzt, so im Taucher-Kult-Film „Le grand bleu/Im Rausch der Tiefe“, in der Tiefe lauern schreckliche Geheimnisse, Monster, Seeschlangen und Haie („Abyss“, „Die Tiefe“) oder man wird bei einer Tauchsafari von einer unachtsamen Schiffs-Crew im weiten Meer vergessen („Open Water“).

Neu ist, das sich der Film „Last Breath“ mit dem gefährlichen Berufsalltag von Sättigungs-Tauchern beschäftigt. Das gab es so bisher noch nicht im Spielfilm. Die Drehbuch basiert wieder auf dem Tauchunfall von 2012. Schlagzeilen machte das tragische Ereignis damals, weil einer der Taucher überlebte, obwohl er über 40 Minuten ohne Atemluft in 90 Meter Tiefe auf dem Grund der Nordsee lag!

Im neuen Film soll ein Montage-Team aus Sättigungs-Tauchern in der stürmischen Nordsee vor Schottland in 100 Metern Tiefe ein Kabel reparieren. Eigentlich eine Routineangelegenheit. Das Versorgungsschiff mit Druckkammer ist auf Position. Die Taucherglocke und die erforderlichen Gerätschaften sind ebenfalls an Ort und Stelle. Der junge Chris (Cole) ist Berufsanfänger und neu in der Runde von Veteranen, die über den „Hans-dampf-in-allen-Gassen“ nur mässig begeistert ist.

Bevor es richtig los geht, zieht ein Unwetter auf: Chris und der erfahrene Taucher David (Liu) sind bereits in der Tiefe, als der Kapitän des Schiffs den umgehenden Abbruch des Einsatzes anordnet. Während David routiniert die Rückkehr zur Basis schafft, gerät Chris auf Grund der veränderten Lage in Panik, dabei verheddern sich seine Versorgungsschläuche und reißen. Damit ist seine Versorgung mit Luft ebenso gekappt wie die Kommunikation mit Schiff und Glocke. Der Inhalt seiner Reserveflasche reicht nur für 10 Minuten. Nachdem an Bord des Schiffs auch noch ein Stromausfall die Elektronik lahmlegt, ist an eine schnelle Bergung des Tauchers nicht zu denken.

Zwar gelingt es schließlich, Chris an Bord zu holen, aber angesichts der verstrichenen Zeit, sind seine Überlebenschancen mehr als gering. Nachdem davon ausgegangen werden kann, dass das menschliche Gehirn bereits nach drei Minuten ohne Luft kollabiert. Gut zu wissen, dass Chris überlebt… Eine kurze Mund-zu-Mund Beatmung reicht und der Junge ist wieder fit….

Regisseur Alex Parkinson hat sich bei seinem Film redlich Mühe gegeben, das komplizierte Zusammenspiel von Mensch und Technik beim Sättigungs-Tauchen allgemeinverständlich zu erklären, ohne das daraus Schulfunk wird. Zwangsläufig bleibt dadurch aber vieles bei „Last Breath“ in der vagen Andeutung; etwa was es mit der Dekompression und dem Aufenthalt in einer Druckkammer auf sich hat. Was es für den menschlichen Organismus bedeutet, wenn ein Taucher in der Tiefe bei Dunkelheit auf höchstem taucherischem wie handwerklichem Niveau physisch und mental hart arbeitet. Meistens auch noch unter Zeitdruck. Diese Verkürzungen machen den Plot des Films ziemlich unübersichtlich. Immerhin wird gleich am Anfang darauf hingewiesen, das es sich bei „Sättigungstauchen“ um einen der gefährlichsten Jobs überhaupt handelt.

„Last Breath“ laviert so zwischen Katastrophenfilm und Buddy-Movie mit harten Männern, die auch mal weinen dürfen, mehr oder weniger hilflos hin und her. Regisseur Parkinson wollte einerseits vermeiden, die Beinahe-Katastrophe von 2012 reißerisch auszubeuten, mußte aber versuchen, sein Publikum actionmäßig bei der Stange zu halten. Das ist schief gegangen, zumal die Story an sich wenig her gibt. Der Unfall selbst wäre schnell erzählt. Zur Crux der Produktion trägt – trotz amerikanischer Beteiligung – auch ein sichtbar schmales Budget bei. Das Studio-Wasserbasin ist nicht zu übersehen. Die Kunst der lustlos agierenden Schauspieler hält sich dabei in engen Grenzen. Zumal die Taucher-Darsteller in voller Montur nur einen schmalen Gestaltungsrahmen hatten.

Unterm Strich ist „Last Breath“ ein daraus interessant missglückter Film, den der deutsche Filmverleih deshalb lieber versteckt. Obwohl ihn der englische „CineStar“-Mutterkonzern heftig bewirbt, wird „Last Breath“ wohl nicht im Stader „CineStar“-Kino am Kommendantendeich zu sehen sein. Eine entsprechende Anfrage ließ die örtliche Theaterleitung bis jetzt unbeantwortet.

Den Trailer und eine Featurette gibt es bei „YouTube“.

Wesentlich interessanter ist der Dokumentarfilm „Last Breath“ von 2019, der hierzulande nicht ins Kino kam und unter dem Titel „Der letzte Atemzug – Gefangen am Meeresgrund“ nur bei „arte“ zu sehen war. Es gibt ihn aber auf DVD – allerdings nur im englichen Original – im Internet. Der solide gemachte Film thematisiert am Beispiel des professionellen Sättigungstauchens auch den schmalen Grad zwischen Ausbeutung und Selbstausbeutung in einem harten Gewerbe in einer Grauzonen über und unter Wasser…

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